25 Jahre AMJ

Zwanzig Jahre Landesverband Hessen im Arbeitskreis Musik in der Jugend
Von Gerhart Roth
Der Landesverband Hessen im Arbeitskreis Musik in der Jugend blickt zurück auf sein zwanzigjähriges Bestehen. Und dabei ist es erstaunlich, was da alles bewegt und entwickelt wurde. Wie kam es zur Gründung, und was hat der Landesverband Baden-Württemberg damit zu tun?

Rückblicke
Im Jahr 1991 wurde ich auf Initiative von Hans-Dieter Reinecke (Hannover) in den AMJ-Bundesvorstand gewählt. Wenige Jahre zuvor suchte jener kurzfristig einen Nachfolger für den überraschend verstorbenen Günter Kretzschmar für mehrere Kurswochen der Fortbildung für MusiklehrerInnen in Niedersachsen. Nach der Zeit der wunderbaren Teamarbeit bei diesen Kursen überredete Hans-Dieter mich, im AMJ-Bundesvorstand mitzuarbeiten und damit einen Mann im Vorstand zu haben, der in der Lage war, die Szene der Kinderchöre zu vertreten und Fortbildungen für Sing- und Chorleiter zu entwickeln. Meine Erfahrungen durch die Leitung des Kinderchores im Hessischen Rundfunk und in der Erwachsenen-Fortbildung (unter anderem berufsbegleitende Lehrgänge an der Bundesakademie Trossingen) kamen mir zweifellos zugute.
Zehn Jahre später – und damit sind wir bei der Gründung des Hessischen Landesverbandes - wechselte Helmut Steger, der langjährige Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg, beruflich von Ulm nach Halle und musste sein Amt als Vorsitzender aufgeben. Er hatte die Idee, mit Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland einen Regional-verband Süd zu etablieren. Gerald Kegelmann, Professor an der Mannheimer Musikhochschule, sollte den Vorsitz übernehmen. Ich sollte sein Stellvertreter sein, und auch Andreas Göpfert, Hochschulprofessor in Saarbrücken, sollte zum Leitungsteam gehören. Wenige Tage vor der amtsgerichtlichen Eintragung entschlossen sich Andreas Göpfert und ich, den Termin abzusagen: Das Unternehmen erschien uns als zu kompliziert und ungeeignet – die Vorstellung, ein derart riesiges Schiff gut zu steuern, überstieg unsere Vorstellung.
In wenigen Tagen gelang es mir, gut vernetzt, wie ich damals bereits war, für die betroffenen Bundesländer jeweils mindestens drei Personen zu finden, die sich für einen Vorstand des jeweiligen Landesverbandes zur Verfügung stellten: Für Rheinland-Pfalz kandidierte Christoph Utz, für das Saarland Andreas Göpfert – sie bildeten den Regionalverband Südwest, den es bis heute gibt. In Baden-Württemberg sorgte Gerald Kegelmann für einen neuen Vorstand. In Hessen gründete ich den neuen Landesverband: Gerhart Roth (Vorsitzender), Wolfgang Seeliger und Janet Fuchs (stellvertretende Vorsitzende), Cornelia Eiselt (Schatzmeisterin und Pflege der Homepage), Jutta Tesseraux (Schriftführerin), Thomas Hanelt (Beisitzer). Vier von ihnen haben bis heute dem Hessischen Landesverband die Treue gehalten. Von Jutta Tesseraux übernahm Janet Fuchs die Schriftführung, für Thomas Hanelt kam Mathias Schlachter als Beisitzer dazu. Seit mehreren Jahren beriet mich Ralph Scheiner als mein Stellvertreter, der nun zu meinem Nachfolger als Vorsitzender gekürt wurde.
Wiederum waren meine Erfahrungen/Vernetzungen hilfreich: Wenn ich heute zurückblicke, waren es mehr als 250 Fortbildungsveranstaltungen (einschließlich der regionalen- und zentralen Lehrerfortbildungskurse), bei denen ich über 8000 Menschen musikalisch fördern konnte. Stets gab es gute Beziehungen und eine reibungslose Zusammenarbeit zu sieben Bundesländern bei Fortbildungen der Kinderchorszene sowie für Lehrer und Erzieherinnen an Bundes- und Landesakademien.

Einblicke
Neue Ideen, die vom Hessischen Landesverbands-Vorstand in den ersten Jahren ausgingen, waren Kurse wie „Hilfe, ich soll dirigieren“, „Meine Stimme braucht Training“, „Vocalensemble Total“, Singen mit Kindern, Workshops für Erzieherinnen und Erzieher an Gesamt- und Förderschulen. Erwähnt sei auch der herrliche Kurs „Oma, warum kann Opa so tief singen?“, der seit fünfzehn Jahren auf Burg Fürsteneck stattfindet und regionale „Ableger“ in Südhessen hatte. Diese Ableger waren bei der Beantragung der Fördergelder und der Suche nach Kooperationspartnern bei „Bündnis Singen“ für drei Veranstaltungsorte mit jeweils zwölf Vor- oder Nachmittagsterminen unendlich arbeitsintensiv. Ohne meine Frau Christa Roth mit ihren PC-Kenntnissen und ihrem enormem Durchhaltevermögen als meine Büroleiterin wäre ich voll gescheitert. Der LV musste für die Aufwandsentschädigung der Fachkräfte in Vorlage treten, weil die Auszahlung der Fördergelder bis zu anderthalb Jahren auf sich warten ließ. Die Veranstaltungen selbst allerdings waren zahlenmäßig und inhaltlich sehr erfolgreich und fanden in bereitwilligen Kitas mit Großeltern, Eltern und deren Kitakindern statt.
Erfolgreich auch „Perlen der Chormusik“, Chorsängertage in Bad Nauheim, die - durch die Pandemie ausgesetzt - hoffentlich bald wieder aufgenommen werden können. Als neuester Kurs des Landesverbandes Hessen kommt „Guter Klang von Anfang an“ hinzu, eine Veranstaltung, die wir intensiv beworben hatten und die nun nach mehrfacher Absage endlich im Juli erfolgreich durchgeführt werden konnte.
Inspirierend war von Beginn an die Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle in Wolfenbüttel, die in den ersten Jahren getragen war von dem damals amtierenden Generalsekretär Rolf Pasdzierny, der – wie auch Wolfram Kössler und Martin Koch – unsere Arbeit im Landesverband schätzte und unsere Aktivitäten unterstützte. Nach einer längeren Dürrezeit im Generalsekretariat ist nun seit knapp zwei Jahren die Zusammenarbeit besonders mit den Mitarbeitern der Geschäftsstelle und dem umtriebigen Generalsekretär wieder erfreulich und hilfreich.
Ein besonderes Highlight war das Festival „Europa Cantat Junior“ in Wolfenbüttel, bei dem ich mit Helmut Steger das Atelier „Offenes Singen“ leitete. Vormittags hatten wir einen Workshop mit einem internationalen bekannten Kinderchor, bei dem wir neue Chorsätze erarbeiteten, die dann beim „Offenen Singen vor den Abendkonzerten in der Lindenhalle dem Publikum und den anwesenden Chören vorgestellt und gemeinsam musiziert wurden. Unvergessen bleibt die Uraufführung „Goli Goggoli“ von Wolfram Buchenberg, ein Kinderspiel für 120 Kinder und 30 Heulschläuche, ein Gesangspass mit viel Bewegung für vier Chorgruppen und Hilfsdirigenten.
In bester Erinnerung bleiben zudem Projekte, die vom Landesverband initiiert und durchgeführt wurden, so zum Beispiel die jährlichen Kinder- und Jugendchortage in Groß-Umstadt oder, vor 15 Jahren, ein Afrikanischer Abend im Rahmen der Darmstädter Residenzfestspiele (Leitung: Wolfgang Seeliger) mit sechs Meistertrommlern aus Ghana. Erwähnenswert ist auch ein Offenes Singen und Tanzen mit Markus Detterbeck und dem Tänzer Aikins Hyde, dem Damenquartett „Cantosphäre“ und dem Jugendchor des AKG Bensheim, Leitung Manfred Hein (2002).
Verbindungen gab es unter anderem nach Riga mit Besuchen und Gegen-besuchen von KinderchorleiterInnen. Zu den Höhepunkten der vergangenen Jahre gehört auch ein Offenes Singen mit 1500 Sängerinnen und Sängern auf dem Marktplatz in Marktheidenfeld nach einer mehrtägigen Jugendchor- und Singfreizeit in Verbindung mit dem Maintal-Sängerbund, bei dem ich die Leitung mit Markus Detterbeck haben durfte.



Ausblicke
In bewährter Weise sollen die Fortbildungskurse weitergeführt werden. Es wird Angebote geben zum „Singen mit Kindern“ für ErzieherInnen und GS-LehrerInnen, „Guter Klang von Anfang an“, „Chorischer Stimmbildung, wie geht das?“ oder „Hilfe, ich soll dirigieren“ für Anfänger und Fortgeschrittene.
Weiterhin gedacht für Großeltern, Eltern und Enkel ist der Kurs „Oma, warum kann Opa so tief singen?“. Einen Neustart wird es geben: Ausbildung von Singpaten, das sind ChorsängerInnen, die qualifiziert in Kitas und Grundschulen mit Kindern singen. Das ist nach dem „Singkoma“ durch die Pandemie jetzt besonders wichtig!
Der 11. Kinder- und Jugendchortag in Groß-Umstadt soll bald wieder statt-finden können, vier Workshops für alle Altersstufen zwischen fünf und 21 Jahren.
Ganz besonders freue ich mich, dass, mit meinem 80. Geburtstag im nächsten Jahr verbunden, ein Chortreffen von Kindern und Jugendlichen in Zusammenarbeit mit der Singschule und Jugendkantorei der Darmstädter Stadtkirche und ihrem Kantor Christian Roß im Mai des kommenden Jahres (26. – 29. Mai 2022) geplant ist. Innerhalb dieses Chortreffens wird es u.a. auch ein Konzert geben mit Ehemaligen des HR-Kinderchores. Dann schließt sich der Kreis…